Beim 2. Limesaktionstag ging es um die römische Lebensart, aber auch um die römische Reit- und Kampfkunst
Eine Göttin ist unterwegs. Es ist Eponia, die Göttin der Pferde. Um diese edlen Vierbeiner drehte sich beim 2. Limesaktionstag „Limes Grenzenlos“ im Aalener Limesmuseum so einiges. Aber auch andernorts besetzen die Römer den sonnigen Tag, um die antike Grenzanlage in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken. In Hüttlingen wurde gar der römische Kaiser Caracalla Opfer germanischer Eindringlinge.

Der Germane (Uli Jankowski) wehrt sich gegen die Befreiung Caracallas (Günter Ensle l.), hat gegen die römischen Reiter aber keine Chance.
Still ist es auf der großen Wiese vor dem Limesmuseum. Nur das Schnauben der drei Pferde und die Erklärungen von Katja Baumgärtner sind zu hören. Es geht um die römische Reitkunst im Gegensatz zur Reitkunst heute. Um die Unterschiede zu zeigen, führen Jan Rehder nach römischer Art, Anja Knödel ihr Camarque-Pferd mit Westernsattel und Silke Förster ihr Dressurpferd vor: „Die Römer trugen noch keine Steigbügel“, erklärt Katja Baumgärtner und auch Familie Reiss aus Würzburg ist ganz Ohr: „Maximilian ist Römerfan und Hannah Pferdefan, also ist das was für die ganze Familie“, erklärt Martina Reiss.
Rund 500 Besucher nutzen an diesem Nachmittag die Angebote für die ganze Familie im und rund um das Museum. Bei der Museumspädagogik können die Kinder neben anderen Bastelarbeiten die römische Pferdegöttin Epona gießen, bemalen und mit nach Hause nehmen, die Väter auf dem Tonnenpferd vor der Reiterbaracke testen, ob sie es auch so elegant wie ein Römer aufs Pferd geschafft hätten. Falls nicht oder nur unter Blessuren – kein Problem – auch ein römischer Arzt ist vor Ort. Wie die Römer kämpften und lebten zeigen aber auch Handwerker wie der Schmied Stefan Scholderer oder der Bogenschütze Günter Nowak.
Mit gar einer Weltpremiere wartete das Museum im Auditorium auf: Rund 20 Zuhörer lauschten der Vorveröffentlichung des SWR2-Features „Geschichte einer Grenze – Welterbe Limes“ von Reinold Hermanns und hatten im Anschluss auch die Gelegenheit, darüber mit dem wissenschaftlichen Leiter des Limesmuseum Dr. Martin Kemkes zu sprechen. Und für diejenigen, die sie noch nicht gehört hatten, gab es eine weitere Weltpremiere. Justus Willberg aus Weißenburg hatte die römische Wasserorgel mitgebracht und trug seine Zuhörer mit dem fremdartigen Klängen sacht in den Abend hinüber.
Hüttlinger Kaiser-Entführung
„In vier Minuten geht es offiziell los“, verkündet der als römischer Erzähler agierende Josef Kowatsch durch ein Megafon bereits am Morgen am Seitsberger Wasserturm. Dieses sei zwar nicht römisch, aber die Welt sei eben lauter geworden.
Leidenschaftlich führt Kowatsch die herbeiströmenden Besucher ins Geschehen ein. „Wir schreiben das Jahr 213 nach Christus“, beginnt er und beschreibt den Bau des Limes-Grenzwalls, erläutert die Geschichte der Raetier. Dann startet die gespielte Szene. „Bürger Roms, schaut auf diesen Wall, seht auf dieses Land!“, läutet Kowatsch die Ankunft von Kaiser Caracalla (Hüttlingens Bürgermeister Günter Ensle) ein. „Er kommt zu einer Inspektion den Limes entlang“, verdeutlicht der Erzähler die Szenerie, fordert die Zuschauer auf den Kaiser gebührend zu begrüßen. Ein etwas widerwilliges „Salve Caracalla“ hallt dem Imperator entgegen. Plötzlich wird es laut. Aus dem Unterholz kommt mit Gebrüll ein in Fell gewickelter Germane (Uli Jankowski, Leiter der Lokalen Agenda) mit einem Holzprügel hervor, stürzt sich auf den Kaiser, nimmt ihn gefangen. Der für diesen Abschnitt zuständige Wachmann Claudius Arminius (Klaus Hermann) schlägt Alarm. Der Signalbläser (Rudi Wolfsteiner) übermittelt die Angriffsbotschaft weiter gen Dalkingen zur Sechta-Brücke. Was nun folgt, ist eine Darbietung römischer Kommunikationskunst. Über 22 Wachtürme wird das Signal weitergetragen, legt binnen weniger Minuten ganze 20 Kilometer zurück. Unterstützend jagen die Wachmänner Böllerschüsse in die Luft. „Die gab es damals natürlich nicht“, fährt Kowatsch schmunzelnd fort. Nur kurze Zeit später erreicht die Antwort aus Dalkingen das Feld bei Seitsberg. „Jetzt wissen die Wachleute in ihrem Turm, dass Hilfe unterwegs ist“, erklärt Kowatsch. Um Angreifern nicht hilflos ausgeliefert zu sein, hätten sich die Wachleute früher in ihren Turm zurückgezogen. „So konnten sie abwarten, bis die Reiterstaffel aus dem Römer-Kastell in Buch zu Hilfe kam“, beschreibt Kowatsch die Maßnahmen. Fast fünfzig Minuten haben die Besucher nun Zeit, machen es sich bei der Römer-Hocketse unter dem Wasserturm gemütlich. Das Horn des Signalbläsers schreckt sie auf. Der Kohortentrupp aus Buch (gespielt von der Reitergruppe Josef Saum aus Ebnat) taucht am Horizont auf, nähert sich in wildem Galopp dem Turm. Wild stampfende Pferde, in der Sonne funkelnde Schwerter und Helme, ein kurzer Kampf. Dann ist es vollbracht: Der Germane wurde besiegt, der Kaiser ist frei, der Limes kraftvoll ins Bewusstsein gerückt.
- Veröffentlichung:
11.05.2009 - Medium:
Lokales, “Schwäbische Post” - Copyright
by Dagmar Oltersdorf und Heiko Buczinski
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