Sibylle Friz und Birgit Förstner würzen den „Fachsenfelder Frühling“
„Je mehr Käse, desto mehr Löcher“, führt Sibylle Friz in die Käsekultur ein. „Je mehr Löcher, desto weniger Käse. Daraus ergibt sich: je mehr Käse, desto weniger Käse“. Ein Paradoxon, das Friz und ihre Kollegin Birgit Förstner nur zu gerne auf die hohe Kunst der Musik – vom frühen Barock bis ins Jahr 2000 – ableiten. „Alles Fromage!“ heißt es in ihrem komödiantischen Gastspiel auf Schloss Fachsenfeld. Musik und Poesie entlang des Käsezeitstrahls.
Sie sind Schauspieler und Musiker, haben einen Hang zum Komödiantischen. Wenn Sibylle Friz und Birgit Förstner Käse erzählen, muss man schon genau hinhören, um wirklichen Käse von ernster Kunst zu unterscheiden. Mitten im venezianischen Frühbarock startet ihre Reise, ihre Erzählung. In einem Palazzo wie dem Schloss Fachsenfeld. Oder war’s ein Castello? Mit Dario Castello, seines Zeichens italienischer Komponist und Generalmusikdirektor von San Marco, nimmt zumindest die Musik des damaligen Venedigs in Fachsenfeld Einzug. Ein Cello-Duett – inklusive intensiver barocker Haltung gespielt. Auch die italienische Oper darf natürlich nicht fehlen. Süffisant kredenzen Friz und Förstner Auszüge aus Benedetto Marcellos Satire über das neumodische Theater („Il teatro alla moda“), eine kritische Darstellung über Berufe am Theater. Dazu gehören auch die Primadonnen. Wie die beiden. Und was tun Primadonnen? Sie singen: „Huuuuurz“. Hape Kerkeling und italienische Oper? Da ist er wieder, der Käse. Eigentlich sind sich Primadonnen auch zu schade, stupid Blockflöten zu blasen. Soll Förstner trotzdem? Na gut. Ausnahmsweise. „Blockflötenkäse“, entfährt es ihr. Ein wild trällerndes Blockflötenduett folgt, Vogelgezwitscher ähnlich.
Dass Italiener nicht nur gute Musik machen, sondern auch für andere Qualitäten bekannt sind, soll nicht unerwähnt bleiben. „Ja, die Italiener verstehen was vom Küssen“, träumt Friz vor sich hin. Ein bisschen Paul Fleming zur Untermalung darf’s da schon mal sein: „Küsse nun ein jedermann, wie er weiß, will, soll und kann“. Auf ein Largo aus Antonio Vivaldis Cellosonate in a-Moll folgen weiter muntere Käsegeschichten. Von den Römern, den Neapolitanern. Auch Giacomo Casanovas „unvergleichliche Sinnlichkeit“ bekommt eine Bühne. „Hätten Sie gewusst, dass Casanova ein Käse-Lexikon schreiben wollte?“. Die Betonung liegt auf „wollte“, denn gemacht hat er es letztlich nie. Auf Italien folgt Frankreich. Auf Käse auch ein bisschen Schokolade. „Mit Schirm, Scharm und Schokolade“, nennen das die Künstlerinnen. Dazu passt Rachel Portmans Titelmelodie aus „Chocolat“ vortrefflich. Der Käse bleibt jedoch im Gedächtnis („Vive le fromage!“) und die Geschichten humorig. Sei es nun die Legende um die Entstehung des Roqueforts oder „Sous le ciel de Paris“. „Unter dem Himmel von Paris, da schmelzen die Herzen wie… Schmelzkäse!“.
Dahinschmelzen konnten die Besucher auch beim schauspielerischen und musikalischen Finale von Friz und Förstner: Flügel (mal zwei-, mal vierhändig), Celli, sogar ein Ton-Kuckuck, der beim Hineinblasen eben jenes von sich gibt. Kein Wunder. Auch kein Käse. Sondern Camille Saint- Saëns „Le carnaval des animaux“, der berühmte „Karneval der Tiere“.
- Veröffentlichung:
20.05.2009 - Medium:
Kulturseite, “Schwäbische Post” + “Gmünder Tagespost” - Copyright
by Heiko Buczinski